Petitio Principi (Fehlschluss)
ist ein häufiger Fehlschluss. Es ist der Fehlschluss, dass der Punkt, den es zu beweisen gilt, als Teil des Beweises angewendet wird. Somit wird seine Wahrheit schon vorausgesetzt, bevor sie bewiesen wird. PETITIO hat viele Formen:
Erneute Nennung
Sie tragen die Idee, die Sie zu beweisen versuchen, erneut vor. Sie benutzen eine andere Sprache dazu.
Beispiele:
- „Die Todesstrafe für Mörder ist gerechtfertigt.“
Er beweist dies, indem er sagt, es sei gerechtfertigt, weil es gute Gründe dafür gibt, Menschen hinzurichten, die einen Mord begangen haben. Er sagt also: „Die Todesstrafe ist gerechtfertigt, weil sie gerechtfertigt ist.“
- „Die Jugendlichen werden mit Sicherheit vom Laster Abstand nehmen, wenn ihnen die Konsequenzen aufgezeigt werden.“ Warum? „Weil das Wissen über die Konsequenzen sie davon abhalten wird, lasterhafte Taten zu begehen.“
Er sagt also aus: „Wissen über die Konsequenzen wird sie abhalten, weil das Wissen sie abhalten wird.“
- „Vivisektion ist falsch, weil das Töten von Tieren für experimentelle Zwecke böse ist.“
Er sagt aus, dass Vivisektion falsch ist, weil sie falsch ist.
Petitio durch willkürliche Definition
Beispiele:
- Jemand sagt: „Alle Christen sind tugendhaft.“ Sie sagen: „Was ist mit Herrn Schmidt? Er verkauft Marihuana. Er ist Christ, aber er ist nicht tugendhaft.“ Der andere antwortet: „Das widerlegt meine Aussage nicht, dass alle Christen tugendhaft sind. Herr Schmidt ist kein Christ, weil er nicht tugendhaft ist.“
Als er das Wort ‘Christ’ das erste Mal benutzte, dachten Sie, er meinte ein Mitglied einer religiösen Gruppe. Nun verteidigt er seine Aussage, indem er das Wort ‘Christ’ neu definiert, als einen Menschen, der tugendhaft ist.
- „Alle Studenten in meiner Klasse sind intelligent.“ Was ist mit Herrn Otto? Er ist nicht intelligent.“ „Er ist kein wahrer Schüler von mir.“ „Warum?“ „Weil, wenn er ein wahrer Schüler von mir wäre, dann wäre er intelligent. Alle meine Schüler sind intelligent.“
Hier wurde das Wort ‘wahrer Student’ neu definiert.
Wenn eine Definition nicht willkürlich ist, ist natürlich nichts dagegen einzuwenden, Definitionen zu benutzen, um eine Sichtweise zu begründen, aber die Definition muß gerechtfertigt sein.
- Zum Beispiel sage ich: „Alle Triangeln haben drei Seiten.“ Sie sagen: „Was ist mit diesem Rechteck hier, es hat vier Seiten?“ Ich kann sagen: „Das ist natürlich keine Triangel, denn alle Triangeln haben drei Seiten.“
Das ist nicht PETITIO, denn die ursprüngliche Definition von Triangel war nicht willkürlich.
Es handelt sich um PETITIO, wenn Sie mit einer normalen Definition anfangen (wie im Beispiel ‘Christen’) und dann willkürlich die Definition ändern, denn dann versuchen Sie Ihre ursprüngliche Aussage ohne Beweis für richtig zu erklären.
Nicht alle schlechten oder willkürlichen Definitionen fallen unter PETITIO. Es handelt sich um PETITIO, wenn der Grund für die willkürliche Definition genau den Punkt betrifft, den Sie beweisen sollen.
Serie von Aussagen
In der dritten Version von PETITIO haben wir eine Serie von Aussagen. Sie benutzen ‘A’ um ‘B’ zu beweisen, dann ‘B’, um ‘C’ zu beweisen, und dann sagen Sie ‘A’. Über mehrere Zwischenstufen benutzen Sie ‘A’, um ‘A’ zu beweisen.
Beispiel:
- Ein Mann geht mit seinem Freund wegen eines Kredites zu einer Bank. Der Bankier sagt zu demjenigen, der den Kredit möchte: „Ich kann Ihnen den Kredit nicht geben, denn ich kenne Sie nicht. Ich weiß nicht, ob Sie vertrauenswürdig sind.“ Der Mann sagt: „Ich habe meinen Freund mitgebracht. Er kennt mich seit langem und wird für mich bürgen!“ Der Bankier sagt: „Kein Problem. Ihn kenne ich seit vielen Jahren und für ihn werde ich bürgen.“
Dies ist ein Beispiel für das Begründen im Kreis. Es geht so:
Ich bin vertrauenswürdig. Deshalb ist er vertrauenswürdig. Deshalb bin ich vertrauenswürdig. Er benutzt Vertrauenswürdigkeit, um über eine Zwischenstufe Vertrauenswürdigkeit zu beweisen.
Unvollständiges Argument
In der vierten Version von PETITIO geben Sie kein vollständiges Argument. Sie benutzen einen Ausdruck im Vorfeld des Beweises, der annimmt, dass Sie den Punkt geprüft haben, obwohl das nicht so war.
Beispiel:
- „Ich werde beweisen, dass dieser Dieb gestern das Haus betreten hat.“
Sie nennen einen Mann einen Dieb, bevor Sie geprüft haben, dass er ein Dieb ist.
- „Ich werde beweisen, dass diese dumme Idee falsch ist.“
Sie nennen eine Idee dumm, bevor Sie geprüft haben, dass sie dumm ist. Nur nachdem Sie sie geprüft haben, können Sie sie dumm nennen.
Komplexe Fragen
In diesem Fehlschluss nehmen Sie einige Fakten als bewiesen an, ohne dass sie es sind. Dann stellen Sie eine Frage. Es ist eine komplexe Frage, weil zwei Dinge darin verwickelt sind, die Sie zu einer Frage verknüpft haben.
Beispiel:
- „Haben Sie aufgehört, Ihren Nachbarn zu ärgern?“
Wenn Sie ‘ja’ sagen, wird unterstellt, dass Sie den Nachbarn normalerweise ärgern, aber jetzt damit aufgehört haben. Wenn Sie ‘nein’ sagen, wird unterstellt, dass Sie immer noch Ihren Nachbarn ärgern. Sie können diese Frage nicht beantworten, weil sie auf der Annahme beruht, dass Sie Ihren Nachbarn ärgern.
- „Wie geschieht es, dass die Gewalt im Fernsehen unsere Kinder so aggressiv macht?“
Sie fragen hier nicht, ob die Gewalt im Fernsehen Kinder aggressiv macht. Sie nehmen bereits an, dass Gewalt im Fernsehen Kinder aggressiv macht. Sie möchten nur wissen, wie das geschieht.
- „Sind Sie für Fortschritt und die X-Partei?“
Hier sind zwei Fragen zusammengemixt und fordern eine einzige Antwort. Man nimmt an, dass die Antwort auf beide Fragen die gleiche sei. Aber die Antwort kann sein: „Ja, ich bin für Fortschritt. Nein, ich bin nicht für die X-Partei.“
- Eine Mutter sagt zu ihrer Tochter: „Möchtest du ein liebes Kind sein und all dein Gemüse essen?“
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