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Metaphysik - die Vorrangigkeit der Existenz

Metaphysik bedeutet, dass die Natur, die Realität, ist, was sie ist, unabhängig vom Inhalt des menschlichen Bewusstseins. Tatsachen der Natur, der Existenz, haben metaphysische Priorität. Sie kommen zuerst. Sie sind da. Sie sind real, unabhängig von jeglichem Geist oder Bewusstsein, ausgenommen dem Gottes.

Bewusstsein ist die Instanz, die identifiziert, was außen in der Natur ist.

Die Alternative zu diesem Standpunkt wäre die Priorität des Bewusstseins. Das würde bedeuten, dass die Existenz ein Nebenprodukt des menschlichen Bewusstseins ist, dass Tatsachen nicht unabhängig von Glauben, Wünschen und Emotionen der Menschen existieren, dass Tatsachen irgendwie vom Geist geschaffen werden. Es wäre dann völlig ausreichend, irgendeine Idee zu haben, um eine Tatsache der Natur so zu verändern, dass sie der Idee entspricht, – ebenso der Idee eines anderen Menschen, weil Bewusstsein die metaphysischen Bedingungen setzen würde.

Diesem Standpunkt zufolge würde das bedeuten, dass das Bewusstsein die Tatsachen der Natur diktiert und dass die Natur oder Existenz dem Bewusstsein gehorcht.

Manche meinen, wenn irgendwo ein Baum gefällt wird und kein Mensch das sieht oder hört, dass dann der Baum in Wirklichkeit gar nicht gefällt wurde.

Dieser Glaube basiert auf dem Glauben an die Vorrangigkeit des Bewusstseins. Das würde auch bedeuten, dass wenn keiner die Schreie eines Gefolterten hört, dieser in Wahrheit nicht gefoltert wurde.

  • Dick: „Los, Doof, wir gehen in Urlaub, schließe die Tür zu, damit keiner einbrechen kann.“
  • Doof: „Du Dummkopf! Wenn ich keinen Einbrecher sehe, dann gibt es auch keinen. Und wenn ich nicht da bin, sehe ich doch nichts! Logisch, oder?“

Wenn das wahr wäre, würde für den Menschen keine Notwendigkeit bestehen, seine Schlussfolgerungen zu beurteilen, um zum Einklang mit der Natur zu gelangen. Die Tatsache, dass er an eine Idee einfach nur glauben würde, wäre ausreichend, denn der Glaube allein würde eine entsprechende Realität schaffen und so zum Einklang mit der Natur führen.

Aber die Priorität der Natur oder Existenz ist ein Axiom. Die Natur unterwirft sich nicht unserer Willkür. Für die Priorität der Existenz ist kein Beweis nötig, weder in dem einen noch in dem anderen Kontext, denn sie ist die Voraussetzung und Grundbedingung jeglicher rationaler Diskussion.

Wenn Sie sagen: „Ich glaube an die Vorrangigkeit der Existenz“, und ein anderer sagt: „Der Glaube daran genügt mir nicht, bitte liefern Sie mir den Beweis“, dann basiert seine Forderung auf der Aussage, dass der Glaube allein keinen Beweis darstellt.

Warum genügt ihm das nicht? Er wird gezwungen sein zu sagen: „Weil Tatsachen sind, was sie sind, unabhängig davon, was Sie denken. Wenn Sie also einen bestimmten Standpunkt einnehmen, müssen Sie ihn überprüfen.“

In anderen Worten: er muss auf die Vorrangigkeit der Existenz bereits in dem Moment vertrauen, in dem er versucht, ein Argument von Ihnen zugunsten Ihrer These zu fordern.

Einen Beweis für eine Aussage (welche auch immer) zu verlangen, bedeutet, dass ich bereits die grundsätzliche Gültigkeit eines logischen Beweises anerkenne. Mein Verlangen danach, dass A=A bewiesen werden soll ist also schon die Anerkennen der These A=A. Ich anerkenne A=A (= die Existenz hat Vorrangigkeit) als Axiom in dem Moment, in dem ich die Frage „Warum?“ stelle. Da das menschliche Bewusstsein diesen Beweis (Warum?) immer fordert, heißt das, dass das menschliche Bewusstsein grundsätzlich A=A als Axiom anerkennt.

A=A heißt, die Existenz (was bedeutet die Natur, die Realität) hat erste Priorität, hat Vorrangigkeit. Sie ist ein Axiom.

Und weil die Natur/Realität/Existenz metaphysische oder universelle Vorrangigkeit besitzt, brauchen wir eine Methode, um unsere Schlussfolgerungen dahingehend zu beurteilen, ob sie in Übereinstimmung mit der Natur sind.

Realität ist, was sie ist, unabhängig vom Bewusstsein/der Interpretation des Menschen.

Natürlich kann Uri Geller aus der Entfernung Löffel verbiegen. Aber diese Fähigkeit ist nicht metaphysisch oder universell. Sie würde metaphysisch sein, wenn jeder das könnte. Sie mögen sagen, wenn wir uns sorgfältig trainieren würden im Löffelverbiegen, könnten wir auch wie Uri Geller sein. Aber selbst dann könnte er keinen Löffel aus nichts erschaffen. Er benutzt lediglich physikalische Möglichkeiten, die wir noch nicht ausreichend erklären können, aber er verändert nicht die Realität.

Es wurde auch keine Realität verändert, als die Elektrizität entdeckt wurde, sie war immer Bestandteil der Natur, wir haben die Natur nur entdeckt, nicht geschaffen. Ihre Tatbestände sind veränderbar, nicht aber ihre Gesetze.

Ferngesteuerte Flugzeuge fliegen, es sieht aus, als wäre die Realität verändert, von der man meinte, dass alles, was nicht aus sich heraus fliegen kann wie die Vögel, vom Himmel fallen muss. Da ein Flugzeug kein lebendiger Vogel ist, müßte es also herunterfallen – aber es fliegt.

Dies basiert auf Gesetzmäßigkeiten der Natur.

Die Tatbestände der Realität lassen sich verändern, nicht jedoch die ihr zugrunde liegenden Gesetze.

Genauso verbiegt sich Uri Gellers Löffel. Nicht sein Bewusstsein hat den Löffel verbogen, sondern eine Möglichkeit, die auf Naturgesetzen beruht, die noch nicht erforscht sind.

Natur, Realität, Existenz hat Vorrangigkeit, sie ist nicht veränderbar durch Bewusstsein.

Ein anderer Grund, warum wir eine Methode brauchen, um Schlussfolgerungen zu bewerten, ist der, dass, wenn wir denken, wir möglicherweise falsch denken. Unsere Schlussfolgerungen sind nicht automatisch richtig oder wahr. Wenn unser einziges Mittel, Tatsachen zu erkennen, das der direkten Sinneswahrnehmung wäre, wäre unser Wissen von der Welt begrenzt, aber wir würden grundsätzlich frei von Irrtum sein. In diesem Fall wäre Logik unnötig. Ein unfehlbares Bewusstsein kann sich nicht irren.

Aber menschliches Wissen ist in seiner Essenz konzeptuell und als solches ist es nicht unfehlbar und automatisch richtig.

Der Mensch hat einen freien Willen. Das ist die Grundursache dafür, warum menschliches Bewusstsein nicht automatisch richtige Schlussfolgerungen liefert.

Wenn Sie diese beiden Punkte verbinden, also die Metaphysik der Vorrangigkeit der Existenz mit dem fehlbaren, freiwilligen, konzeptuellen menschlichen Bewusstsein, ist es unabdingbar, nach einer Methode zu suchen, die einen Maßstab liefert, anhand dessen Schlussfolgerungen beurteilt werden können.

Sie versuchen, die Existenz zu verstehen, Fakten zu lernen. Und Fakten sind, was sie sind, unabhängig von Ihrem Bewusstsein. Und die Tatsache, dass Sie etwas glauben, heißt nicht, dass es mit jenen unabhängigen Fakten übereinstimmt, denn Sie haben die Möglichkeit, Fehler zu machen.

Unter diesen Bedingungen, dass Sie in der Lage sind, jede Ihrer Ideen als Wissen zu verkünden, brauchen Sie einen Standard, mittels dessen Sie Wahrheit beurteilen können, einen Standard, der Sie in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine bestimmte Sichtweise wahr und in Einklang mit der Natur ist oder nicht. Sie brauchen eine Methode, die es Ihnen ermöglicht, zu verläßlichen Schlussfolgerungen zu kommen, zu wissen, wann Sie für sich beanspruchen können, dass diese Schlussfolgerungen die Tatsachen der Natur wiedergeben, und zu wissen, wann sie es nicht tun und daher als unwahr verworfen werden müssen.

Zusammenfassend:

Wären die Schlussfolgerungen einer Person automatisch unfehlbar, wäre keine Methode zur Beurteilung, ob etwas wahr ist oder nicht, notwendig.

Eine solche Methode ist nur deshalb erforderlich, weil Sie versuchen, mit Hilfe von Konzepten zum Einklang mit der Natur zu gelangen.

Das ist die ursächliche, theoretische Begründung, warum der Mensch eine solche Methode wie die Logik braucht.

Logik ist die Methode, durch die ein menschliches Bewusstsein, das nicht automatisch richtig wählt und das auf dem freien Willen beruht, sicher gehen kann, dass sein Inhalt den Tatsachen einer unabhängigen Natur entspricht.

Deshalb braucht der Mensch eine Methode wie die Logik. Dann gibt es keinen Konflikt zwischen Theorie und Praxis, weil Logik genau die Methode ist, die das menschliche Bewusstsein mit der Realität verbindet. Damit der Mensch jeglichen Wert erfolgreich erreichen kann, ist das Studium der Logik absolute Vorbedingung, egal, ob wir von dem Menschen als Einzelperson oder von der Gesellschaft sprechen.

Sie können Ihren Schlussfolgerungen erst dann Glauben schenken, wenn Sie gute Gründe dafür haben, dass sie wahr sind. Und Sie können ihnen vertrauen, wenn es gute Gründe dafür gibt, diese Ideen zu erhalten, d.h., wenn Ihre Ideen den Test durch die Logik bestehen.

Ein Beweis ist das Grundwerkzeug, mit dem der Mensch überlebt. Logik ist die Methode, dieses Werkzeug zu benutzen.

Die Prinzipien der Logik müssen auf den Tatsachen der Realität gründen. Sie können nicht offen sein für zufällige menschliche Entscheidungen oder subjektive soziale Willkür.

Sie müssen ontologisch sein, d. h. sie müssen der Realität oder Natur entsprechen. Die modernen Schulen der Logik nennen sich selbst nicht-ontologische Schulen, d.h. sie behaupten, dass die Gesetze der Logik nicht die Realität wiedergeben. Es ist nicht notwendig, gegen die Pragmatisten, Positivisten und Analytiker zu argumentieren. Sie sind bereits im Prinzip falsch. Warum?

Wenn Sie unsere Diskussion, warum Logik unabdingbar an erster Stelle stehen muss, verstehen, werden Sie sofort erkennen, warum nur die Logik eine Bedeutung für die menschliche Erkenntnis hat, die auf der Realität gründet.


 

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