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aus „Die Johannes-Herodes-Gespräche“
https://pedrodesouza.blog/die-johannes-herodes-gespraeche/

Ein Steuerhinterzieher wird vor Herodes geführt.

Herodes zu dem Mann: „Ah, du hast von Cäsar gestohlen. Du hast Steuer hinterzogen. Ich verurteile dich zu fünf Jahren Gefängnis in Macchaerus.“

Der Mann wird abgeführt.

Herodes: „Du weißt, Johannes, dass wir Cäsar die Steuer entrichten müssen, weil sie Cäsar gebührt. Fünf Jahre sind eigentlich noch viel zu wenig. Wenn ich nicht streng bin, werden die Leute mehr und mehr Steuern hinterziehen. Das ist Diebstahl an Cäsar und du bist doch gegen Diebstahl, hast du gesagt.“

Johannes: „Cäsar gehört nichts.“

Herodes: „Wie bitte? Was sagst du da?“‘

Johannes: „Man kann nicht sein eigenes Geld stehlen. Das Geld gehört dem, der es erarbeitet hat, nicht Cäsar.“

Herodes: „Du scheinst von Sinnen!“

Johannes: „Wenn du Steuern auf Einkommen erhebst, ist das Sklaverei, Herodes. Du sagst zu einem rechtschaffen arbeitenden Mann: ‚Zeig mir, was du verdient hast. Dies erkenne ich an und jenes nicht.‘ Das ist eine Frechheit! Du behandelst den Mann wie einen Leibeigenen!“

Herodes: „Sei vorsichtig mit deinen Worten, Johannes, auch meine Geduld mit dir ist einmal zu Ende.“

Johannes: „Ich bin frei geboren und darf frei reden. Und ich sage dir: Hortensius Hortalus, der vor etwa 140 Jahren gelebt hat, war ein Rechtsanwalt. Einmal wurde er zu Cäsar gebracht wegen angeblicher Steuerhinterziehung. Er sagte zu ihm: ‚Nein, ich habe immer den höchsten Satz bezahlt und deine Beamten haben mich sogar gelobt. Ich habe mehr als alle anderen Bürger bezahlt.'“

Herodes: „Das war ehrenwert!“

Johannes: „Sogar dieser berühmte und intelligente Mann wusste nicht, dass er ein Sklave ist.“

Herodes: „Wie kann er ein Sklave gewesen sein? Er war ein freier Mann!“

Johannes: „Wie kann er frei sein? Er wird kontrolliert von den Beamten. Sie wissen alles über ihn und bedrohen ihn, wenn er Angaben verweigert. Sie lassen ihn dann einsperren! Er denkt, er tut Richtiges, er denkt, dass es selbstverständlich und richtig ist, Steuern zu bezahlen und rühmt sich damit. Ein Sklave, der fälschlicherweise denkt, er sei frei, ist ein Feind der Freiheit!“

Herodes: „Du darfst nicht zu Widerstand gegen den Staat aufrufen. Wehe, du verkündest deine Meinung öffentlich!“

Johannes: „Ich kann sagen, was ich denke. Ich bin frei. Du nennst mich frei und willst mir dennoch meine Rede verbieten? Das ist ein Widerspruch in sich. Du nennst den Mann frei und enteignest ihn? Das ist ein Widerspruch in sich. Du nennst den Mann frei und sperrst ihn ein, wenn er nicht deinen Willen tut? Da ist ein Widerspruch in sich. Was du willst, sind keine freien Menschen, sondern Sklaven. Du redest ihnen ein, sie seien frei, damit sie sich von dir in Ruhe ausbeuten lassen für deine eigenen Ideen. In Wahrheit hast du Angst vor freien Menschen und du tust alles dafür, dass sie nicht merken, welches Spiel mit ihnen getrieben wird.“

Herodes respektierte Johannes, weil er wusste, dass dieser ein gerechter und heiliger Mann war und er gab Acht auf ihn. Er hörte ihn gerne. Doch er war verwirrt und gestört in seiner eigenen Überzeugung, was ihn beunruhigte und verärgerte. Und er fuhr fort, das zu tun, was er immer getan hatte.