aus dem Buch „Hallo Frieden“
https://pedrodesouza.blog/hallofrieden/
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Max: „Wie steht es mit einem Dialog zwischen den Religionen? Ohne Dialog gibt es keinen Frieden.“
Ryan: „Wenn zwei ‚Freizeitvereine‘ miteinander streiten, dann ist es besser, woanders hinzugehen. Man muss sich mit deren Streitereien und Vorurteilen abfinden und dahin gehen, wo es einem gut tut. Wozu sollte man in einem ‚Verein‘ seine Freizeit verbringen, in dem gestritten wird? Man kann nicht Gift und Lebensmittel mischen und denken, man käme ohne Bauchschmerzen oder Schlimmerem davon.“
„Eine Lösung wäre, nur einen ‚Verein‘ zu haben“, sagt Max.
„Eine Weltreligion meinst Du? Und was, wenn es dann so genannte Ketzer und so genannte Sekten gibt? Müssen die dann unterdrückt werden mit den Methoden der Inquisition?“, empört sich Ryan und fährt fort: „Das Problem sind nicht die vielen Religionen. Das Problem ist die Religion selbst! Das Problem kommt von der religiösen Ebene. Die Lösung kann deshalb nicht von der religiösen Ebene kommen, sondern sie muss von einer transreligiösen Ebene kommen!“
Max: „Sollen wir etwa die Religionen abschaffen?“
Ryan: „Natürlich nicht, auch Atheisten können Gewalttaten begehen.“
„Wir müssen also eine gottgewollte Lösung finden“, sagt Max.
Ryan: „Woher weißt du, was Gott will?“
„Die Heiligen Schriften sagen, was Gott will!“, behauptet Max.
„Wenn die Verbrecher aber nicht an die Heiligen Schriften glauben?“, fragt Ryan.
„Die Terroristen hatten religiöse Motive“, meint Max zögernd.
Ryan: „Das hilft den Opfern wenig, ob die Terroristen religiöse oder politische Motive hatten. Für die Angehörigen der Opfer ist es egal, ob die Übeltäter Atheisten oder religiöse Menschen sind, ob sie Fundamentalisten, Extremisten, Terroristen oder Radikale genannt werden. Was ist die Lösung?“
Max: „Es ist schwierig. Aber wir müssen eine Lösung finden. Wir wollen unseren Kindern doch Weltfrieden hinterlassen, eine Welt ohne Gewalt. Fundamentalisten gibt es im übrigen in allen Religionen.“
Ryan: „Richtig. Das macht das Problem deutlicher, das Problem des Fanatismus, des Dogmatismus, der Engstirnigkeit. Die Lösung für alle Religionen muss deshalb die gleiche sein.“
„Wir müssen also doch Dialoge haben, meinst Du?“, fragt Max. „Aber Du sagtest, Dialoge seien keine Lösung. Zum Beispiel glaubt einer an den Heiligen Krieg, der andere nicht. Sollen jetzt beide daran glauben oder sollen beide den Glauben daran aufgeben? Die Schwierigkeiten sind immens. Was aber ist die Lösung?“
„Mir fällt eine Geschichte dazu ein“, sagt Ryan und beginnt zu erzählen:
„Es war einmal ein König, der hatte einen klugen Minister, den er immer zu Rate zog. Die anderen Minister waren neidisch auf des Königs Lieblingsminister und wollten ihn umbringen. Sie erdachten sich einen Plan. Am darauf folgenden Tag kam der Barbier wie üblich zum König und sprach: ‚Euer Majestät, uns geht es sehr gut, dank Euch. Aber wie geht es unseren Ahnen im Himmel?‘ ‚Das weiß ich nicht‘, antwortete der König dem Barbier. ‚Bitte schickt den Minister zu den Ahnen im Himmel, damit er nach ihnen sehen kann. Macht eine Feuerstätte, setzt den Minister hinein, häuft einen großen Berg Stroh über den Minister und entfacht das Stroh. So kann der Minister mit dem Rauch in den Himmel auffahren.‘ – Der König war einverstanden. Er gab dem Minister eine Woche Zeit für den Versuch. Dieser aber ließ einen Tunnel unter der Feuerstätte bauen. Als über ihm das Stroh entfacht wurde, ging er schnell hinunter in den Tunnel. – Nach einigen Tagen kam er zurück. Alle waren erstaunt. ‚Wie geht es den Ahnen? Fehlt ihnen irgend etwas?‘, wurde er gefragt. ‚Oh, es geht ihnen sehr gut. Sie haben alles, bis auf einen Barbier. Sie bitten Eure Majestät, ihnen den Barbier zu schicken.‘ – Da fiel der Barbier dem König zu Füßen und bat um Vergebung, und der König vergab ihm.“
Max meint: „Mir scheint, der König war leichtsinnig. Er riskierte das Leben des Ministers. Ich glaube, jetzt habe ich die Lösung.“
„Ja?“ fragt Ryan.
Die Basis der Moralität einer friedvollen Welt
„Ja“, meint Max, „der König hat das Prinzip ‚Hab Ehrfurcht vor dem Leben‘ nicht geachtet. Er hätte die Bitte des Barbiers ablehnen müssen.“
„Genau“, sagt Ryan, „aber was ist, wenn jemand glaubt, es sei in Ordnung, Ungläubige zu töten?“
„Ein solcher Glaube findet in keiner Weise irgendeine Begründung in den Religionen. Alle Religionen verurteilen klar und deutlich Gewalttäter“, sagt Max.
„Ja“, meint Ryan, „alle Religionen, alle Nationen verurteilen Gewalttäter, aber leider eben nicht klar und eindeutig!“
Max: „Was meinst Du damit?“
„Es muss völlig unmissverständlich ausgedrückt werden. Einfach: Nicht-töten und Nicht-der-Erste-sein,-der-Gewalt-anwendet. Punkt!“, sagt Ryan bestimmt.
Das Basisdoppelprinzip lautet:
Nicht-Töten und Nicht-der-Erste-sein,-der-Gewalt-anwendet!
Max: „Aber eigentlich ist das doch nichts Neues. In jeder Religion gibt es das Gebot: ‚Du sollst nicht töten.‘“
Ryan: „Aber nicht jeder Mensch ist religiös. Wir brauchen eine Basis für alle Menschen!“
Max: „Na ja, und obwohl es genügend religiöse Menschen auf der Welt gibt, wird das Gebot ‚Du sollst nicht töten‘ dennoch wenig beachtet. Viele religiöse Menschen töten sogar im Namen ihres Glaubens.“
Ryan: „Eben. In den Religionen finden wir dieses Prinzip nur als eine Anweisung unter vielen. Es wird zwar in allen Religionen erwähnt, doch es ist mit anderen Geboten ver-mischt worden.“
Max: „Ich habe in einem Yogabuch die Beschreibung der fünf Tugenden gelesen: Gewaltlosigkeit, die Wahrheit sagen, Nicht stehlen, Keuschheit und Nichtgier. Die Tugend ‚Gewaltlosigkeit‘ kann mit unserem Basis-Doppelprinzip verglichen werden. Also ist dieses Prinzip hier anerkannt.“
„Stimmt“, sagt Ryan, „aber es ist wie gesagt mit anderen Tugenden gleichrangig erwähnt.“
Max: „Ja, aber die anderen Tugenden sind auch gut. Ist es nicht richtig, die Wahrheit zu sagen und nicht gierig zu sein? Bei der Keuschheit bin ich mir nicht so sicher …“
„Wenn man nicht keusch ist, ist man dieser Regel zufolge einem Mörder gleichzusetzen“, sagt Ryan.
„Wieso?“, fragt Max empört.
Ryan: „Einer, der mordet, ist hier ein Sünder, und ein anderer, der nicht keusch ist, ist auch ein Sünder. Beide sind gleichrangige Sünder. Ein Verstoß gegen das Prinzip der Keuschheit ist als gleich schlimm anzusehen wie ein Verstoß gegen das Prinzip der Gewaltlosigkeit. Dieses Problem hatten wir schon vorhin: Die Terroristen hatten Tugenden wie Teamarbeit, Zuverlässigkeit usw. gezeigt.“
„Wir spüren doch, dass etwas nicht stimmt, aber was ist es genau?“
Max will dem Prinzip auf die Spur kommen.
Ryan: „Worauf basierten die Tugenden der Terroristen?“
Max: „Ahh, sie missachteten das Lebensrecht der Menschen!“
Die Rangordnung der Werte
„Genau, diese so genannten Tugenden der Terroristen dürfen dann nicht als positiv anerkannt werden, wenn sie nicht auf dem Basisdoppelprinzip ‚Nicht-töten und Nicht-der-Erste-sein,-der-Gewalt-anwendet‘ basieren“, stellt Ryan eindeutig fest.
„Mir geht ein Licht auf“, sagt Max, „nur wenn das Prinzip ‚Nicht-töten und Nicht-der-Erste-sein,-der-Gewalt-anwendet‘ beachtet wird, sind all die anderen Tugenden positiv zu bewerten, sonst nicht! Wenn die Wurzel faul ist, kann der Baum nicht gesund sein.“
„Das bedeutet – und das ist neu!– dass Tugenden und Werte eine Rangordnung haben. Der höchste Wert auf der Erde ist das Leben. Kein Wert ist wünschenswert, wenn durch Erreichen des Wertes das Leben vernichtet wird“, sagt Ryan.
Tugenden und Werte haben eine Rangordnung.
Und er fährt fort: „Das Prinzip ‚Leben ist der höchste Wert für Menschen auf dieser Erde’ kann klar und unmissverständlich durch eine Grundanweisung dargestellt werden: Nicht-töten und Nicht-der-Erste-sein,-der-Gewalt-anwendet. Was neu ist, ist die eindeutige Betonung dieses Prinzips.“
Alle Tugenden sind dem Basisdoppelprinzip untergeordnet.
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