aus: Die Johannes-Herodes-Gespräche
https://pedrodesouza.blog/die-johannes-herodes-gespraeche/
…
Johannes: „Was du als Gerechtigkeit bezeichnest ist keine Gerechtigkeit.“
Herodes: „Was meinst du denn damit schon wieder?“
Johannes: „Gott ist Vernunft. Gott zu verehren heißt also, die Vernunft zu benutzen. – Die Wirtschaft ist von Gesetzen abhängig. Es gibt zwei Klassen von Gesetzen. Zunächst die natürlichen, also göttlichen Gesetze und dann die politischen, menschlichen Gesetze.“
Herodes: „Ich verehre Gott. Woher weiß ich, ob ein Gesetz natürlich ist?“
Johannes: „Die natürlichen Gesetze basieren auf moralischen Prinzipien. Nach dem Untergang von Sumerien gab es viele Miniherrschaften und die Miniherrscher kümmerten sich nicht um das Volk und ließ es in Frieden, solange es die Steuer an sie entrichtete und bereit war, an ihren Kriegen teilzunehmen. Aber die Bürger stritten untereinander. Was war da zu tun? Es gab keine Gerichte! Sie lösten das Problem zu Anfang durch Gewalt, doch sie sahen, dass es so nicht weitergehen konnte. Das Volk hatte die Idee, Streitfälle mit einem Dritten als Mediator zu lösen. Ein Mediator war normalerweise ein Priester. Dieser versuchte, eine friedliche Lösung zu finden. Die Mediatoren, sozusagen Ur-Richter, versuchten, zu erkennen, was richtig oder falsch war. Sie wollten ernsthaft die Prinzipien der Gerechtigkeit finden. Sie wollten keine politischen Gesetze haben, die sich täglich änderten, wie es heute bei Tiberius Cäsar der Fall ist, sondern sie wollten die Gesetze des Universums entdecken, wie bei der Atomtheorie. Was ist richtig, was ist falsch? Was gestern gerecht war, muss auch heute und auch morgen gerecht sein! Das ist das natürliche Gesetz!“
Herodes: „Wie bei der Atomtheorie? Das verstehe ich nicht.“
Johannes: „Vor 300 Jahren hatte Democritus ‚de re nature’ die Atomtheorie entdeckt. Ohne Geräte. Nur mit Vernunft und Logik! Er sagte, dass alle Dinge aus winzigen Teilchen zusammengesetzt sind, die nicht teilbar sind.“
Herodes: „Was hat das mit Gerechtigkeit zu tun? Du sprichst in Rätseln und zusammenhanglos!“
Johannes: „Auch die Mediatoren versuchten – wie Democritus – die Prinzipien der Gerechtigkeit zu finden. Durch Vernunft und Logik! Das ist der Zusammenhang! Der Zusammenhang ist die Vernunft und Logik, verstehst du? Sie hatten die Streitfälle vernünftig und logisch beurteilt. Nach welchen Prinzipien sollten sie die Fälle beurteilen? Nach jahrzehntelanger Erfahren, nach tausenden von Fällen, hatten sie die Prinzipien entdeckt. Ich sage es immer wieder: Nicht-töten, nicht-stehlen, und tun, was man versprochen hat!“
Herodes: „Und wie setzten sie das durch?“
Johannes: „Die Mediatoren-Richter wussten, dass sie Gewalt benutzen mussten, um Schuldige zu bestrafen, aber sie benutzten Gewalt sparsam und nur gegen diejenigen, die Gewalt zuerst benutzt hatten. – Die natürlichen Gesetze sind die Basis dafür, Gerechtigkeit zu erteilen in Fällen von Raub, Vandalismus, Vergewaltigung, Mord und Betrug.
Es ist wichtig für das Volk, das Wort zu halten. Dadurch bekommt man einen guten Ruf. Menschen handeln gerne mit zuverlässigen Menschen. Denn wer in kleinen Dingen untreu ist, ist auch in großen Dingen untreu. Verträge müssen klar und deutlich ausgedrückt werden, besonders unter Freunden. Wenn wir die Freunde schätzen, muss der Vertrag klar sein und geklärt werden, was bei Missverständnissen geschieht.“
Herodes: „Johannes, du bringst mich komplett durcheinander. Was hat das alles mit Gerechtigkeit und Steuern zu tun?“
Johannes: „Ich will dir damit sagen, dass du Gerechtigkeit falsch benutzt. Du weißt nicht, was Gerechtigkeit wirklich ist und nach welchen Kriterien etwas gerecht ist oder ungerecht ist. Du sagst, es sei gerecht, dem einen zu nehmen, um dem anderen zu geben, doch das verstößt gegen das zweite Prinzip von Gerechtigkeit: gegen das Prinzip ‚du sollst nicht stehlen!“
Herodes: „Steuer ist doch kein Diebstahl. Es ist eine Notwendigkeit, um das Gleichgewicht in unserer Lebensgemeinschaft zu erhalten!“
Johannes: „Der Zweck heiligt die Mittel nicht. Das Gleichgewicht darf nicht erhalten werden, indem ein Grundprinzip der Moral außer Kraft gesetzt wird. Sonst könntest du auch sagen, dass töten erlaubt ist, um alle glücklich zu machen. Es ist eine unlogische und absurde Argumentation. Deshalb betone ich Vernunft und Logik, weil alle Welt mit unlogischen Argumentationen ihre unmoralischen Handlungen rechtfertigt!“
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.