Pedro de Souza

In England war es einst Sitte, dass man nicht mit einem Menschen sprach, wenn er einem nicht vorgestellt worden war. In der Nähe von Liverpool gab es eine Havarie und zwei Engländer sprangen über Bord. Schweigend schwammen sie nebeneinander her.

Schließlich fragte der eine: „Entschuldigen Sie bitte, dass ich Sie anspreche, aber ist dies der Weg nach Liverpool?“

Es muss oft erst eine Katastrophe geben, damit wir unsere Konditionierungen ablegen. Das heißt nicht, dass eine Katastrophe gut wäre.

Wir können anstatt unsere Konditionierungen durch eine Katastrophe zu ändern, diese durch Bewusstheit anerkennen und ändern. Wir sind z.B. konditioniert, Alexander von Makedonien als „den Großen“ zu bezeichnen, aber wenn wir ganz genau überlegen, war er ein Aggressor. Wenn er heute diese Feldzüge unternehmen würde, um eine Weltregierung/Weltdiktatur anzustreben, würden die Menschen ihn nicht als „den Großen“, sondern als Aggressor bezeichnen.

Wer gerne in einer Hütte wohnt, fühlt sich in einem Palast fehl am Platz. Die indische Regierung hatte in Delhi den Slumbewohnern Wohnungen geschenkt. Weil sie aber konditioniert waren, im Slum zu leben, hatten sie die Wohnungen verkauft und gingen zurück in den Slum – in ihre Komfortzone.

Nicht alle Konditionierungen sind negativ. Wenn ich Klavier spiele, konditioniere ich meine Finger, zu spielen, ohne auf die Tasten zu schauen. Man muss zuerst prüfen, ob die Konditionierung positiv oder negativ ist.

Anzeichen von negativer (falscher) Konditionierung können u.a. sein:

  1. Wenn man neue Ideen automatisch ablehnt, nur weil sie neu sind
  2. Wenn man glaubt, dass andere einen ablehnen, wenn man anderer Meinung ist
  3. Wenn man die gleiche Meinung hat wie die Mehrheit oder die Medien (die Meinung des Zeitgeistes)
  4. Wenn ein Bekannter ein Buch liest, das man selbst ablehnt, und man denkt/sagt bspw zu ihm: „Was liest Du denn für komisches Zeug?“, dann ist man ein Minifaschist (Faschismus ist ein System, in dem Gedanken und Handlungen bestimmt werden)
  5. Wenn man blind den Anweisungen der Bücher oder Philosophen oder anderer Autoritäten folgt

Frage: „Hast du keinen Standpunkt? Sind z. B. alle Bücher für dich gleich wichtig oder unwichtig?“

Pedro de Souza: „Die Kunstwerke oder Bücher, die ich empfehle, sind natürlich von meiner Konditionierung bestimmt. Aber ich werde kein Buch verbrennen oder verbieten. Nur wer Angst hat, verbietet.

Wenn ich z.B. sage, ‚Die Bibel sagt …‘ oder ‚Platon sagt …‘, dass ‚dies oder das richtig oder nicht richtig ist‘, ohne Rücksicht auf den Kontext und die veränderte Zeit zu nehmen.

Faschisten bestimmen, was wir lesen. Aber wir in der Demokratie lassen freiwillig einen Literaturkritiker bestimmen, welche Bücher gut und lesenswert sind. Wenn wir negativ konditioniert sind, bestimmen die Werbefachleute, was wir lesen.“

Frage: „Dann sind Werbefachleute und Buchkritiker Faschisten?“

Pedro de Souza: „Nein, nein. Übe Discretio/Unterscheidungsvermögen. Bei den Faschisten gibt es eine Strafe, wenn du verbotene Bücher liest. Unerwünschte Bücher werden dort verbrannt oder beschlagnahmt. Die Buchkritiker oder Werbefachleute bestrafen uns nicht, wenn wir ihre empfohlenen Bücher nicht lesen. Und sie verbieten, verbrennen oder beschlagnahmen weder die schlecht rezensierten Bücher noch die Bücher ihrer Konkurrenten.

Ich lese schlecht rezensierte Bücher gerne. Sie sind oft sehr interessant. Viele hoch bejubelte Bücher sind enttäuschend.“